Relevanz der Wirtschaftsprüfung aufgrund gesellschaftlicher Anliegen
Ausserhalb der gesetzlichen Vertrauensdienstleistungen gibt es zunehmend ein starkes privatwirtschaftliches Interesse an Validierungen und Zertifizierungen von Informationen. Beispielhaft genannt seien freiwillige Prüfungen von Risikomanagementsystemen, Funktionsprüfungen von internen Kontrollsystemen (ergänzend zur gesetzlichen IKS-Existenz-Prüfung), Cyber-Security-Untersuchungen oder Prüfungen von Nachhaltigkeitsberichten. Wirtschaftskrisen, Notkredite sowie politische Vorstösse wie die Konzernverantwortungsinitiative sind allesamt Treiber eines erhöhten Bedarfs an Prüfungsdienstleistungen. Die Wirtschaftsprüfung und -beratung gewinnt dadurch an Relevanz weit über ihren gesetzlichen Grundauftrag hinaus.
Sowohl hinsichtlich der Corona- und Wirtschaftskrise als auch des Lösungsansatzes der Notkredite gibt es viel Unsicherheit und offene Fragen. Der Bundesrat hat richtig reagiert und neben Massnahmen wie Kurzarbeit mit einem Notkreditprogramm ein Vehikel geschaffen, dass Unternehmen dort unterstützt, wo kurzfristig das grösste Problem entsteht, bei der Liquidität. Nun wäre entscheidend, wie die Verwendung der Mittel stichprobenartig begleitet und kontrolliert wird. EXPERTsuisse, der Expertenverband für Wirtschaftsprüfung, Steuern und Treuhand, hat mit der COVID-19-Prüfung ein geeignetes Mittel zur Hand, das zu diesem Zweck eingesetzt werden kann.
Durch Transparenz, Offenlegung und Prüfung zu mehr Verantwortung
Ein zweites gesellschaftliches Anliegen ist die Nachhaltigkeit und immer öfter eine entsprechende Berichterstattung darüber. Die zur Abstimmung vorliegende Konzernverantwortungsinitiative (KVI) ist nur die Spitze einer breit angelegten öffentlichen Diskussion um die Verantwortung und Rolle von Unternehmen. Die KVI verlangt von den Unternehmen weitreichende Sorgfaltspflichten im Bereich Umweltschutz und Menschenrechte. Der Gegenvorschlag ist ausgereifter und zielgerichteter. EXPERTsuisse lehnt die Initiative als zu weitgehend ab, sieht aber auch im Gegenvorschlag noch zahlreiche offene Fragen, auf die der Berufsstand der Wirtschaftsprüfer jedoch sachgerechte Antworten geben kann.
Der Berufstand der Wirtschaftsprüfer führt bereits seit vielen Jahren Prüfungen von Nachhaltigkeitsberichten durch oder wird mit der Erstellung von Nachhaltigkeits-Reportings beauftragt. Der Berufsstand ist daher mit diesem Thema und den verfügbaren internationalen Standards vertraut. Zudem werden vom Berufsstand auch Prüfungen von so genannte Compliance Management- und Risikomanagementsystemen durchgeführt. Bei den von der KVI aber auch vom Gegenvorschlag geforderten Sorgfalts- und Transparenzpflichten kann der Berufsstand daher prüfend aber auch beratend unterstützen.
Ordentliche Abschlussprüfung ist keine Garantie gegen Betrug und Missbrauch
Von der Revisionsstelle kann jedoch aufgrund ihres Gesetzesauftrags nicht erwartet werden, dass sie sämtliche Fälle von Betrug und Missbrauch erkennt. Korruptionsbekämpfung im Unternehmen kann nur im Verbund verschiedener Massnahmen gelingen. Dazu gehören
- ein integrer Verwaltungsrat,
- klare Kontroll- und Reportingstrukturen,
- eine ethische Grundhaltung im Unternehmen,
- ein Abschlussprüfer, der seitens des Verwaltungsrats volle Unterstützung erhält und sich im Unternehmen frei bewegen kann.